Zukunft der Arbeit: Interessiert sich noch jemand dafür?
- Rea Eldem

- 20. Okt.
- 4 Min. Lesezeit
Nachhaltigkeit, Zukunftsfähigkeit, gemeinsames Gestalten: All das war vor wenigen Jahren noch Leitmotiv vieler Organisationen. Umrahmt von einem gesellschaftspolitischen Streben nach ökologischem und sozialem Wandel, empfanden viele in dieser Zeit ein Gefühl von Aufbruch. Aktuell dagegen scheint dieser Blick nach vorn fast verschwunden zu sein. Es fehlt vielerorts an Visionen – stattdessen erleben wir Zurückhaltung, Einsparungen, Fokus auf das Tagesgeschäft.
Es ist nicht zu weit aus dem Fenster gelehnt, zu schreiben: Organisationsentwicklung wird zusammengestrichen. Das geht weit über Diversity hinaus. Wir erleben aktuell in unserer Arbeit mit Kund*innen, wie Programme für Mitarbeiter*innen wegfallen und Innovationsbereiche aufgelöst werden. Was einmal als zentrale Zukunftsaufgabe galt, wirkt plötzlich wie ein „Nice-to-have“, das man sich in Krisenzeiten nicht mehr leisten kann.
Irgendwie ist das verständlich, denn wer Leute entlassen muss, der*die muss sparen und Prioritäten neu setzen. Doch genau hier liegt ein gefährlicher Denkfehler: Gerade jetzt, in Zeiten von Unsicherheit, wirtschaftlichem Druck und gesellschaftlichen Umbrüchen, brauchen wir eine Vision. Nicht als Luxus, sondern als Grundlage dafür, wie wir in Zukunft arbeiten, zusammenleben und gestalten wollen. Zukunftsfähigkeit entsteht nicht aus kurzfristigem Krisenmanagement – sie entsteht aus langfristigem Denken, aus der Fähigkeit, neue Antworten zu entwickeln, wenn alte Muster nicht mehr tragen.
Vision ist keine Frage des Budgets
Aktuell mangelt es vielerorts an einer Vision. Die Narrative, die uns begegnen, sind eher rückwärtsgewandt und fühlen sich an wie ein Wermutstropfen. Es fühlt sich vielerorts fast unmöglich an, den Blick nach vorne zu richten. Es kommt mir so vor, als hätte sich ein neuer Common Sense etbaliert (und zwar ziemlich schnell), der von einer Vorstellung untermauert wird, dass nur große Mittel große Wirkung entfalten können. Das führt aktuell dazu, dass Prozesse der Veränderung auf Pause gesetzt werden. „Dafür fehlt uns gerade das Budget“ wird dann zur Ausrede, um nicht in Bewegung zu kommen. Dabei entsteht kultureller Wandel selten durch riesige Budgets, sondern durch konsequente Entscheidungen im Kleinen: in Meetings, in der Führungskultur, in der Kommunikation.

Eine Vision – ein Leitbild für Zusammenarbeit, Kultur und Gerechtigkeit – braucht zunächst keine großen Budgets. Sie braucht einen klaren Willen, eine Haltung von oben, Klarheit und gute Kommunikation. Gerade in Krisenzeiten ist das wichtig. In Krisenzeiten steigt die Unsicherheit. Organisationsentwicklung ist ein zentraler Hebel, um mit dieser Unsicherheit umzugehen und Mitarbeitenden Sicherheit und Perspektive zu geben, selbst wenn gerade keine neuen Projekte gestartet werden.
Zukunft der Arbeit: Interessiert sich noch jemand dafür?
Was es dafür braucht, ist keine Finanzspritze, sondern ein gemeinsames Verständnis: Wofür stehen wir – und wohin wollen wir? Eine Organisation kann ihre Werte klar leben, auch wenn sie kein Geld für aufwändige Programme hat. Sie kann Prozesse partizipativer gestalten, auch wenn keine externe Beratung engagiert wird.
Ja, Ressourcen sind knapp. Aber der Blick darauf, was fehlt, verstellt oft den Blick darauf, was da ist. Statt ausschließlich über fehlendes Budget zu sprechen, lohnt es sich, Ressourcenorientierung als strategisches Prinzip zu verstehen: Welche Fähigkeiten, welche Zeitfenster, welche Netzwerke und welche Energie sind bereits vorhanden – und wie können wir sie gezielter nutzen?
Beispielsweise können interne Austauschformate oder Lernräume mit bestehenden Teams gestaltet werden, statt teure externe Weiterbildungen einzukaufen. Interne Mentoring-Strukturen können Wissen weitergeben und Diversity als Wert stärken, ohne dass zusätzliche Mittel nötig sind. Und Mitarbeitende können in strategische Entscheidungen eingebunden werden, ohne dass dies mit großen Investitionen verbunden ist.
Die Voraussetzung dafür ist eine bewusste Haltung: nicht im Mangel zu denken, sondern im Potenzial. Nicht zu fragen: „Was können wir nicht tun?“, sondern: „Was können wir tun, mit dem, was wir haben?“ Gerade diese Art von Ressourcenbewusstsein stärkt Organisationen in Krisenzeiten – und schafft langfristig mehr Resilienz als jede kurzfristige Sparmaßnahme.
Kommunikation ist auch eine Ressource
Ein weiterer Aspekt, der in Zeiten knapper Mittel oft unterschätzt wird, ist Kommunikation. Sie kostet fast nichts – und kann dennoch viel bewirken. Dabei gilt ein Grundsatz, den ich nicht müde werde, zu wiederholen: Man kann nicht nicht kommunizieren. Auch das, was nicht gesagt wird, sendet eine Botschaft. Schweigen zu Zielen, Unklarheit über Prioritäten oder ausbleibende Updates erzeugen Unsicherheit und Misstrauen – gerade dann, wenn ohnehin viele Veränderungen im Raum stehen.
In Krisenzeiten sind Menschen verunsichert. Wenn Organisationen aber ihre Vision, ihre Ziele und ihre Prioritäten transparent machen, entsteht Vertrauen. Wenn Mitarbeitende verstehen, warum bestimmte Entscheidungen getroffen werden und wohin die Reise gehen soll, können sie sich eher mittragen – auch wenn nicht alle Wünsche erfüllt werden. Gerade in Momenten des Umbaus oder der Einsparung ist Kommunikation ein strategisches Instrument: Sie kann Sinn stiften, Orientierung geben und kollektive Verantwortung aktivieren. Und sie kann deutlich machen, dass Zukunftsgestaltung nicht nur eine Frage der Ressourcen ist, sondern eine Frage der Haltung.
Zukunftsfähigkeit heißt: Den Blick nach vorn nicht verlieren
Es ist verständlich, dass Organisationen in Krisenzeiten vorsichtiger werden. Doch Zukunftsfähigkeit entsteht nicht dadurch, dass wir alle langfristigen Ziele auf Eis legen, bis „bessere Zeiten“ kommen. Sie entsteht dadurch, dass wir auch in schwierigen Zeiten nicht vergessen, wofür wir arbeiten – und wie wir diese Zukunft mit den Ressourcen gestalten können, die uns zur Verfügung stehen.
Gerade jetzt ist der Moment, darüber zu sprechen, was wir bewahren wollen, was wir verändern müssen und welche Art von Organisation wir sein wollen. Die Frage nach dem Miteinander, der Zusammenarbeit und dem Zusammenhalt sollte dabei ins Zentrum jeder Diskussion gestellt werden. Wer es schafft, gerade in der aktuellen Zeit, Mitarbeiter*innen zuzuhören, ihre Ängste und Sorgen ernst zu nehmen und ihnen ehrlich und pro-aktiv zu begegnen, kann inmitten von Unsicherheit Zugehörigkeit und Bindung erhöhen.
Gerade wenn Budgets kleiner werden und Ressourcen knapp sind, zeigt sich, wer Zukunft wirklich gestalten will. Zukunftsfähigkeit entsteht nicht nur durch große Investitionen – sondern durch strategische Entscheidungen, klare Haltung und eine Kultur, die Veränderung mitträgt.
Wo ein Wille, da ein Weg
Zukunft der Arbeit: Interessiert sich noch jemand dafür? Wenn du das als Führungskraft oder Entscheider*in mit einem klaren „Ja" beantwortest und derzeit viel darüber nachdenkst, wie eure Organisation trotz knapper Mittel langfristig handlungsfähig bleibt, unterstützen wir dich. IN-VISIBLE stellt dir dafür kostenlose Ressourcen zur Verfügung: praxisnahe Leitfäden, Reflexionsfragen für Teams, thematische Deep-Dives und unseren monatlichen Newsletter mit Denkanstößen rund um Arbeitskultur, Gerechtigkeit und Transformation.
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