Hallo Melissa, kannst du mir erst einmal sagen warum du bei für IN-VISIBLE arbeitest?
Ich habe 2020 Rea beim Hasso Plattner Institut kennengelernt, weil ich da eine “Design Thinking” Weiterbildung gemacht habe. Sie war dort meine Coachin und ich habe mich mit ihr sehr gut verstanden. Ich war von Anfang an von ihrer Vision von IN-VISIBLE begeistert. Ich habe dann 2021 bei IN-VISIBLE erst als Werkstudentin und dann als Festangestellte angefangen, weil ich patriarchale Strukturen bzw. generell Machtstrukturen in Frage stellen möchte und für mich ganz klar ist, dass wir etwas am System verändern müssen. Hier bei IN-VISIBLE, können wir einen Beitrag dazu leisten.
Was machst du bei IN-VISIBLE was sind deine Aufgaben?
Ich bin tatsächlich die aller erste Festangestellte bei IN-VISIBLE und offiziell ist meine Beschreibung Projektmanagerin. Aber im Grunde habe ich ganz verschiedene Rollen. Ich bin Projektkoordinatorin, Trainerin und Beraterin. Vor allem in der Beratung kann ich mich mit meinem Psychologie-Hintergrund gut einbringen. So wie es in einem kleinen schnell wachsenden Unternehmen ist, habe ich überall Einblicke und bin an ganz vielem beteiligt. Konkret bin ich im Kund:innenkontakt und beantworte Anfangen, konzipiere Leitfäden, führe Interviews sowie Workshops durch, erstelle neue Workshop-Formate, evaluiere diese und iteriere bestehende Workshop-Formate und bin für die Qualitätssicherung zuständig.
Wie du bereits sagtest, hast du einen Hintergrund in der Psychologie. Inwiefern kannst du dein gewonnenes Wissen für die Arbeit von IN-VISIBLE einsetzen?
Zunächst dachte ich, dass ein kulturwissenschaftlicher Hintergrund wie bei Rea vor allem wichtig für die Arbeit bei IN-VISIBLE sei. Im Laufe meiner Tätigkeit habe ich aber gemerkt, dass ich hier genau richtig bin, weil wir hier ganz viel auch zum Unconscious Bias – unbewussten Voreingenommenheit – machen und somit der psychologische Aspekt wichtig ist. Auch Datenerhebung nimmt eine recht große Rolle in der Psychologie ein, was ich bei meiner Arbeit gut einsetzten kann. Ganz klar spielen aus der Psychologie vor allem aber auch die Wahrnehmungspsychologie und die Sozialpsychologie eine wichtige Rolle für unsere Arbeit bei IN-VISIBLE.
Die Psychologie ist die Wissenschaft des Erlebens und Verhaltens und das ist genau das womit wir uns bei IN-VISIBLE beschäftigen, allerdings im Kontext der Arbeitswelt (und weniger auf individual, sondern auf systemischer- bzw. Unternehmensebene). Um strukturell etwas verändern zu können müssen wir zunächst einmal bei jedem Individuum anfangen. Wir stellen uns die Frage, wie verarbeiten wir Dinge, wie nehmen wir Dinge wahr und erleben diese. Häufig erscheint uns unsere Wahrnehmung so real, dass wir vergessen, dass sie subjektiv ist und eine andere Person eine ganz andere Wahrnehmung der gleichen Situation oder Dinge haben kann. Und dann gibt es natürlich auch noch verschiedene Denkfehler, wie beispielsweise Heuristiken und kognitiven Verzerrungen (Bias), die unser Denken und Handeln beeinflussen und die wiederum zu Diskriminierung und zum Erhalt von bestehender Machtstrukturen führen können. Genau hier setzen wir auch bei IN-VISIBLE an, sodass ich meinen Studienhintergrund sehr gut in meine Arbeit einbringen kann.
Hier bei IN-VISIBLE halten wir nicht nur Workshops, wir beraten auch Unternehmen. Inwiefern unterscheidet sich diese Prozesse oder gehen diese beide Konzepte sogar in einander über?
Workshops sind eher kurzfristiger Natur, sie sind da um ein Bewusstsein zu schaffen. Dagegen sind die Beratungsprojekte langfristiger angelegt. Bei den Beratungsprojekten ist es häufig so, dass Kund:innen IN-VISIBLE kontaktieren und wir im ersten Schritt eine Status Quo Analyse hinsichtlich Diversität, Inklusive und generell Teilhabe im Unternehmen durchführen. Dies geschieht in Form von Einzel- und Gruppeninterviews, um zu schauen, wie divers und inklusiv das jeweilige Unternehmen ist und wie die Mitarbeiter:innen dies wahrnehmen. Um ein möglichst realistisches Abbild des Status Quo zu erhalten ist es wichtig, dass externe Personen wie wir von IN-VISIBLE diese qualitativen Interviews durchführen. Zum einen, weil wir eine neue Perspektive mit einbringen und zum anderen, weil wir kein Teil des jeweiligen (Unternehmens-)Systems sind und dadurch die Interviews weniger von versteckten Hierarchieeffekte oder Machtstrukturen geprägt sind. Die Interviews sind immer anonym und werden von uns so weit abstrahiert, dass die Inhalte nicht auf einzelne Personen zurückgeführt werden können. Nur so können sich Mitarbeiter:innen wirklich frei öffnen und Unternehmen ein klareres Bild zum aktuellen Stand hinsichtlich Diversität, Inklusion und Teilhabe erhalten.
… und was ist dann der nächste Schritt?
Als nächstes kann dann überlegt werden, wie die Strukturen im Unternehmen verändert werden können, um diverser und inklusiver zu werden. Basierend auf den jeweiligen Themen und Hürden die in den Interviews am stärksten thematisiert werden, können wir gemeinsam mit dem Unternehmen konkrete Maßnahmen entwickeln und beispielsweise einen Awareness Workshops konzipieren. So würden dann die Workshops wieder in die Beratung einfließen.
Der sogenannte “Unconcious Bias” spielt eine große Rolle in unserer Gesellschaft. Warum ist es so wichtig für Unternehmen und ihre Mitarbeiter:innen, dass sie lernen diese zu erkennen, um schließlich gegen diese negativen Einflüsse zu arbeiten?
Auch heute noch leben wir in sehr patriarchalen Machtstrukturen, das heißt es bestehen bestimmte Machtgefälle und stereotypische Erwartungshaltungen. Aber wir dürfen die Welt nicht nur aus unserer eigenen Perspektiven betrachten, sondern eben auch aus der der anderen. Es werden sehr oft viele Perspektiven in Unternehmen nicht mitgedacht. Stereotypische Erwartungshaltungen führen dann dazu das Machverhältnisse sich nicht verändern und einige Gruppen über- und andere unterrepräsentiert sind. Außerdem müssen wir uns bewusst machen, dass unsere Sicht und unsere Wahrnehmung nicht unfehlbar sind, dass sie nur eine unter vielen Perspektiven ist und unser Denken und Handeln auf unseren eigenen Erfahrungen und Erwartungshaltungen fußen, die aber eben auch verzerrt sein können. Und so kommen wir dann ganz schnell zu Denkfehlern, in Form von verschiedenen kognitiven Verzerrungen (Bias), die wiederum dem Unternehmenserfolg schaden, weil zum Beispiel nicht alle Perspektiven mit einbezogen werden oder unbewusste Voreingenommenheit vorliegen. Deswegen bringen interdisziplinäre und auch intersektionale Teams einen Mehrwert für nahezu jedes Unternehmen.
Das Interview führte Alicia, in ihrer ersten Woche bei IN-VISIBLE um mit ihrem frischen Blick einzufangen, was eigentlich wen im Team bewegt. Besonders interessant fand sie, dass trotz sehr unterschiedlicher Hintergründe der Weg aller Team-Mitglieder bei IN-VISIBLE zum selben Ziel führt – Gendergerechtigkeit voranzubringen –.
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