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Umgang mit Backlash: DEI verteidigen, ohne auszubrennen

  • Autorenbild: Luka Özyürek
    Luka Özyürek
  • 10. Juni
  • 5 Min. Lesezeit

Es ist Juni, die erste Jahreshälfte ist beinahe rum. Eine gute Zeit, um kurz innezuhalten: Wie steht es eigentlich um deine Diversity-Ziele? Konntest du die Schulungen, Umfragen oder Veranstaltungen umsetzen, die du für dieses Jahr geplant hattest?


Leider ist es nicht unwahrscheinlich, dass die Antwort “Nein” lautet, denn Diversity und Inklusion sind oft die ersten Themen, an denen gespart wird, wenn Zeit oder Geld knapp sind. Der gesellschaftliche Diskurs, der DEI nun wieder für unnötig - wenn nicht sogar gefährlich - erklärt, macht es nicht besser. Diversity-Manager*innen, Gleichstellungsbeauftragte und alle, die sich für ein gerechteres Arbeitsumfeld einsetzen möchten, stehen damit in vielen Unternehmen vor einer doppelt schwierigen Aufgabe: Sie müssen nicht nur aus minimalen Ressourcen maximale Wirkung herausholen, sondern dabei auch gegen Widerstände von Innen und Außen ankämpfen. Seien es konservative Kund*innen, die zum DEI-Boykott aufrufen, oder politische Spaltungen im Team, die mehr oder weniger subtil die Zusammenarbeit vermiesen - die Spannungen können belasten, bis hin zum Burn-out.


Damit es so weit nicht kommt, ist es wichtig, ganz bewusst einen Umgang mit Backlash zu finden, der dich dabei unterstützt, deine Werte im Arbeitsalltag zu leben und zu verteidigen. Wie kann das aussehen? 


Umgang mit Backlash: Warum eigentlich?


Es ist inzwischen fast schon eine Plattitüde, aber nicht weniger wahr: Beginne mit “warum?” Um eine solide Grundlage für die Gleichstellungsarbeit zu haben, musst du dich daran erinnern, warum du sie machst und warum sie es wert ist. Überlege dir ganz bewusst: Warum ist dir persönlich Diversität und Inklusion wichtig? Welche positiven Auswirkungen können sie auf deinen Arbeitsplatz haben? Wie spiegeln sich deine persönlichen Werte darin? Am besten schreibst du deine Gedanken dazu nieder, so dass du sie immer einfach hervorholen kannst, wenn du in einem schwierigen Moment eine kleine Erinnerung brauchst. Denn wenn deine Arbeit auf Überzeugung beruht, ist es viel einfacher, sie auch bei Gegenwind zu verteidigen. 


Nicht jeder Kommentar braucht eine Antwort


Wo wir von “verteidigen” reden: Überlege dir, welche Argumente du wirklich austragen willst. Gerade bei Backlash von Außen ist es vollkommen okay, nicht auf jede böse E-Mail einzugehen. Überlege dir: Macht es Sinn, mit dieser Person in einen ernsthaften Austausch zu gehen, oder handelt sie in bösem Willen? Hast du eine Chance, etwas zu bewegen, oder verschwendest du Zeit und Energie, die du anderweitig konstruktiver einsetzen könntest? Manchmal ist es sinnvoller, Widerstand ins Leere laufen zu lassen, statt sich auf eine Diskussion einzulassen. Du kannst beispielsweise in Kommentarspalten eine Standardantwort nutzen, die eure Haltung zu DEI deutlich macht, und jegliche weitere Provokation ignorieren. Und dass explizit diskriminierende Hasskommentare einfach kommentarlos gelöscht werden können, sollte sich von selbst verstehen. (An dieser Stelle zählt übrigens nicht nur das “Warum?” sondern auch das “Wer?”. Wen möchtet ihr eigentlich als Kund*innen haben? Wessen Meinung ist euch wichtig? Das sind strategisch sicher eher Fragen für Geschäftsführung oder Eigentümer*innen, aber sie können dir trotzdem helfen, gelassener zu bleiben.)


Auch wenn der Backlash von Kolleg*innen kommt, funktioniert das. Du musst dich nicht auf jede Diskussion einlassen und du darfst deine Grenzen kommunizieren. Ruf dir vor Augen, dass es auf lange Sicht niemand hilfst, wenn du dich an Konflikten aufreibst, bei denen dein Gegenüber kein Interesse an einer Einigung hat. Frag dich: Kommt der Widerstand von Unwissen, Unsicherheit oder anderen Faktoren, die sich im Austausch ausräumen lassen? Oder spiegelt er eine tiefgreifende Überzeugung wider, an der du wenig ändern kannst? Ist er vielleicht sogar nur Provokation? 


Umgang mit Backlash: Zwei Gruppen von Männern in Anzügen stehen sich in einem Korridor gegenüber. Die Gruppe links zeigt spottend auf die Gruppe rechts, die cool bleibt.
Als ob alle gegen dich sind: Es ist wichtig, einen konstruktiven Umgang mit Backlash zu finden

Finde die richtigen Argumente


Hilfreich ist es deshalb, nicht nur solide Werte, sondern auch eine solide Gesprächsstrategie zu haben. Wenn du die Möglichkeit hast, besuche am besten eine Schulung zum Umgang mit diskriminierender oder antidemokratischer Rhetorik, die dir ganz konkrete Kniffe vermitteln kann. Aber auch alleine kannst du dich auf den Umgang mit Backlash vorbereiten. Überlege dir doch mal, welche Argumente du gegen DEI hörst oder hören könntest, und lege dir mögliche Antworten zurecht. Denk dabei daran, dass du Menschen auf verschiedenen Ebenen erreichen kannst:


  • Logisch: Stelle Erhebungen, Studien oder Berichte zusammen, die deine Argumente unterfüttern. Das ist besonders hilfreich, wenn es darum geht, Ressourcen einzufordern oder konkrete Misinformationen auszuräumen. 

  • Moralisch: Verdeutliche, inwiefern DEI mit euren geteilten Werten zusammenhängt. Denk daran, dass Inklusion letztendlich immer auf eine Sache hinausläuft - nämlich Respekt. Und dass das am Arbeitsplatz wichtig ist, darauf können sich die Allermeisten einigen.

  • Emotional: Für viele Menschen ist DEI mehr oder weniger latent mit Unsicherheiten, Verwirrung oder Angst verbunden. Sie fürchten, abgewertet zu werden oder etwas Falsches zu machen. Hier kann es sinnvoll sein, wenn du sie emotional abholst und ihnen das Gefühl gibst, gesehen zu werden. Umgekehrt kann es helfen, ihnen vor Augen zu führen, wie Diskriminierung marginalisierte Menschen emotional belastet.


Auch hier gilt: Wenn jemand sich weder auf Fakten noch moralische Argumente noch emotionale Appelle einlassen will, darfst du deine Energie auch anderweitig nutzen. 


Du darfst auf dich aufpassen, auch als Diversity-Verantwortliche*r


Natürlich sind all diese Strategien auch wieder Arbeit; das ist anstrengend und, seien wir ehrlich, auch irgendwie unfair. Was für die Person, von der der Backlash ausgeht, oft nur ein hingeworfener Kommentar ist, summiert sich für diejenigen, die ihn abbekommen, zu einem wachsenden Berg von emotionaler Belastung - zusätzlich zu dem, was vor allem marginalisierte Menschen sowieso täglich erleben. Und dann sollen wir auch noch konstruktiv bleiben?


Ganz wichtig ist es deshalb, dir auch Pausen zu gönnen und Unterstützung zu suchen. Wie schon gesagt, du musst dich nicht auf jedes Argument einlassen, und du musst auch nicht 24/7 nur an Diversität denken. Denn das ist leider eine Falle, in die viele von uns tappen: Wir sehen und erleben so viel Ungerechtigkeit und wir wollen sie so leidenschaftlich verbessern, dass es schwer fallen kann, abzuschalten. Finde deshalb Strategien, die dir dabei helfen - seien es konkrete Zeitslots für deine Diversity-Themen, der regelmäßige Austausch mit anderen Diversity-Verantwortlichen, Supervision oder Coaching, oder ganz allgemein Zeit für Self Care. Denk daran: Inklusive Arbeitskultur ist ein Langzeitprojekt, für das du deine Kraft sinnvoll einteilen musst.


Backlash ist laut - aber nicht im Recht


Und zu guter letzt: Backlash wirkt schnell überwältigend und es kann sich anfühlen, als ob plötzlich die ganze Welt nicht nur irrational, sondern auch gegen dich persönlich ist. Das beste Gegenmittel ist die Erinnerung daran, dass deine Arbeit Sinn macht und es viele, viele Menschen gibt, die sie unterstützen - egal, wie laut der Gegenwind ist. Speichere positive Rückmeldungen. Lese Erfolgsberichte. Konzentriere dich auf die kleinen Momente, in denen du merkst, warum du dich für dieses Thema einsetzt. Du sorgst dafür, dass es Menschen gut geht - und wer dagegen ist, der kann nur falsch liegen.


Übrigens: Wir sind nicht nur für dich da, wenn du Unterstützung bei konkreten Maßnahmen oder der Strategieplanung brauchst, sondern stehen dir bei allen Diversity-Fragen mit offenen Ohren zur Seite. Schreib uns einfach an und wir schauen gemeinsam, was wir für dich tun können.

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